„Die waren zu sehr in ihre Diskussion verbissen, um auf Zuschauerfragen zu antworten“

Ich war im Spanienurlaub, Opa im Internet. Günther Jauch seine Meinung zur deutschen Bildungspolitik mitteilen, kann er mittlerweile locker ohne meine Hilfe.

CC: Tim Wessling (Montage), Screenshot ARD
CC: Tim Wessling (Montage), Screenshot ARD

Ich: Opa, nun haben wir wirklich lange nicht mehr miteinander gesprochen. Wie geht es Dir?

Opa: Sehr gut. Die letzten Tage war mein Thermostat ein wenig kaputt, aber nun klappt’s wieder.

Ich: Wie? Hattet ihr nur kaltes Wasser?

Opa (lacht): Nein Quatsch, mein Körperthermostat. Mir war immer zu warm. Und die Oma mag es ja warm im Haus, aber mir war das dann zuviel. Aber wir konnten uns einigen. Es gilt die Kraft des Stärkeren.

(Oma kichert im Hintergrund)

Opa: Aber wie geht es Dir? Hast Du gestern den Jauch gesehen?

Ich: Nur davon gehört. Precht war da, wie derzeit auf jedem Sender. Oder?

Opa: Ja genau. Und ich habe dem Jauch dann direkt gesagt, was ich von der Bildungspolitik in Deutschland halte.

Ich: Hast Du ihn angetwittert? Wobei Jauch ist ja gar nicht auf Twitter…

Opa: Nein, nein. Ich habe ihm gemailt. Beim ersten Versuch hat’s nicht geklappt, da hatte ich einen Punkt vergessen. Aber dann habe ich es nochmal gemacht, mich kurz gefasst und es hat dann auch funktioniert.

Ich: Und? Was hast Du ihm gesagt?

Opa: Dass das Wichtigste ist, den Lehrern zu zeigen, dass es auch ihre Schuld ist, wenn Schüler die Schule nicht schaffen. Das kann doch nicht sein, dass man sich als Lehrer nicht dafür rechtfertigen muss, wenn Kinder sitzenbleiben. Manche sehen das sogar als Qualität ihres Unterrichts an, wenn möglichst viele scheitern. Das ist ein Unding.

Ich: Da gebe ich Dir Recht. Aber prinzipiell finde ich schon, dass das Verhältnis von Lehrern zu Schülern sehr viel freundschaftlicher geworden ist. Ich habe da natürlich nur die Geschichten von Mama oder euch zum Vergleich. Aber beispielsweise durften wir viele Lehrer nach dem Abitur duzen, man hat sich auch für persönliche Sachen interessiert…

Opa: Na hör mal! Bei uns war immer alles ganz förmlich. Das war vielleicht manchmal sehr steif, aber wenn ich dann andererseits von einem meiner Enkel höre, dass ein Lehrer einen Schüler als „Arschgesicht“ bezeichnet, dann finde ich das ungeheuerlich. Wäre es mein Sohn gewesen, hätte ich den Lehrer gezwungen, sich zu entschuldigen. Prinzipiell muss in der Lehrerausbildung noch genauer geguckt werden, ob die Anwärter überhaupt geeignet im Umgang mit Kindern sind. Das finde ich ganz wichtig.

Ich: Wie hat Günther Jauch denn auf Deine Kritik reagiert?

Opa: Ach, die waren zu sehr in ihre Diskussion verbissen, um auf Zuschauerfragen zu antworten.

Ich: Also gibst Du auf?

Opa: Nein, ich will das jetzt öfter machen. Das finde ich gut, wenn man denen direkt schreiben kann. Und irgendwer wird es da vielleicht schon lesen. Abgesehen davon schult es mich auch, wenn ich öfter maile. Dann kriege ich das bald ganz selbstverständlich hin.

Ich: Übrigens habe ich auf unseren Text auf jetzt.de schon mehrere Leserbriefe bekommen, in denen Menschen in Deinem Alter erzählen, wozu sie das Internet nutzen. Das ist teilweise sehr rührend.

Opa: Siehst Du – so einmalig sind wir gar nicht. Aber das ist doch eine wirklich gute Nachricht.