„Warum wissen die auf Ebay, dass ich ein Dreirad suche?“

Er ist Jahrgang 1929, ich 1988. Er hat einen Krieg erlebt, als Lehrer und Organist gearbeitet, vier Kinder und neun Enkelkinder aufwachsen sehen. Ich habe noch nicht einmal meinen Masterabschluss. In einer Sache sollte ich ihm allerdings voraus sein: Dem Internet. Oder?

opa
Heute:
Ein Gespräch mit Opa über seine ersten Schritte im Netz und warum es ihm andauernd ein Dreirad andrehen will.

Opa ist gut drauf. Er hat meine Mail von gestern noch gelesen, die Mützen von Oma sind eingetütet und werden später von ihm zur Post gebracht. Nur das mit dem Blog-anklicken will noch nicht so recht klappen. In der Google-Suche findet er nie das Richtige. Ich höre, wie es im Hintergrund vom Telefon immer klappert – klingt ein wenig, als würde Opa mit zwei Finger-Suchsystem tippen. Ihm genau zu erklären wie er es angehen muss, ist allerdings schwer. Schließlich hocke ich gerade in München, er in Oldenburg. Am Ende kriegen wir es aber hin. „Da hast Du aber ein Bild von mir gewählt, auf dem ich schön tatterig aussehe“, kommentiert er noch hämisch. Beste Voraussetzungen für’s erste Interview.

Ich: Du hast Dir vor ca. vier Jahren Internet zugelegt – warum?

Opa: Die einzige Antwort muss doch sein „Warum nicht?“.  Ich war neugierig.

Ich: Ja, aber was hast Du Dir denn davon erhofft?

Opa: Ich wollte Kontakte halten. Meiner Nichte in Amerika schreiben, was ich übrigens auch heute noch tue. Per E-Mail kann man sehr gut Korrespondenzen führen.

Ich: Aber ist das nicht schwierig, sich in Deinem Alter noch in so etwas völlig Neues reinzufriemeln?

Opa: Am Anfang war es schon nicht so leicht. Ich hatte von meinem alten Computer noch ein Handbuch, mit dem habe ich versucht mir vieles zu erklären. Und im PC selber werden ja auch Hilfen angeboten. Aber irgendwie scheinen die Hilfen darauf programmiert zu sein, dass man nie findet was man braucht. Mit gelegentlichem Fragen bei der Familie und bei der Telekom ging es dann aber.

Ich: Und wie wirkte das Internet anfangs auf Dich?

Opa: Sehr kleinteilig. Gerade auf Nachrichtenseiten wird einem vieles nur Häppchenweise angeboten. Das hat mich anfangs richtig gestört. Da wird einem erst ein Stück vom Text angezeigt. Dann muss man „mehr“ klicken um weiterlesen zu können und dann vielleicht nochmal klicken um auch das Textende zu sehen. Aber mittlerweile sehe ich ein, dass das vielleicht so sein muss.

Ich: Naja, die Seiten wollen ja auch, dass man ihre Werbung schön oft sieht.

Opa: Das mit der Werbung finde ich ganz entsetzlich. Als ich vorhin erst Deine Seite gesucht habe, war andauernd Werbung für ein Smartphone im Weg. Ich wusste dann gar nicht, wie ich das wegklicken soll. Das ist immer schwierig für mich, da dann das richtige zu klicken.

Ich: Wenn Dich Nachrichtenseiten wegen ihrer Kleinteiligkeit so stören – für was benutzt Du dann das Netz?

Opa: Ich maile. Außerdem bestelle ich gerne Sachen online. Zum Beispiel den Instant-Kaffee, den Deine Oma und ich immer trinken – den gibt es nicht mehr in den Läden, dafür aber im Internet. Auf Facebook war ich auch mal angemeldet. Aber da war ich entsetzt wie kurzgefasst alles ist. Bei Ebay bin ich allerdings immer noch. Wobei es da sehr schwierig war, sich anzumelden. Die wollten immer Sonderzeichen im Passwort und es klappte dann trotzdem nie. Aber ich war hartnäckig.

Ich: Was wolltest Du denn auf Ebay?

Opa: Ich habe eigentlich nach einem Dreirad gesucht. Das mit dem Fahrrad fahren geht nicht mehr so gut und alle machen sich dann immer Sorgen. Aber ein Dreirad wäre perfekt. Damit wäre ich immer noch unschlagbar. Was allerdings seltsam ist: Seitdem ich das da gesucht habe, bieten die mir jetzt auf allen Seiten Dreiräder an. Überall kommt Werbung her, dabei ist diese Suche schon richtig lange her. Woher wissen die auf Ebay, dass ich immer noch ein Dreirad suche?

Ich: Das ist personalisierte Werbung.

Opa: Ja, darüber berichten oft die Zeitungen, dass im Internet vieles von einem gespeichert wird. Ist ja eigentlich auch clever. Ich hoffe trotzdem, dass die das mit dem Dreirad bald vergessen.

Oma (aus dem Off): Eine Couch hast Du auch schon im Netz gesucht.

Opa: Stimmt. Vielleicht wird das Dreirad dann ja bald ersetzt durch die Couch. Das wäre mal was Neues.

 

2 comments

  1. An der Sache mit dem Dreirad arbeite ich gerade, das geht mir so auf dem Keks. Da kann ich den Opa voll verstehen.

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