„Charlotte, wie geht’s Dir? Ich stell mal eben laut“, sagt Opa Gottfried, als ich nach langer Telefonabstinenz mal wieder anrufe. Ruckeln und knacken in der Leitung. Schließlich findet er den Lautsprecherknopf. „Charlottchen!“ ruft nun auch Oma aus dem Hintergrund. Sie hat eine Mütze für mich gestrickt, will wissen, wo sie die hinschicken soll. Typische Großeltern halt. Opa sagt, ich kann ihm die Adresse für die Mütze ja mailen. „Dann werf ich den Kasten auch mal wieder an“, sagt er.
Mit „dem Kasten“ meint er seinen Computer. Mein Opa ist 83 und hat einen PC, inklusive Internetanschluss. Damit mailt er an Verwandte nach Amerika, telefoniert über Skype und checkt die Online-Nachrichten. Mein Opa war noch lange über seine Pensionierung hinaus Kirchenmusiker, neben seinem PC steht eine elektrische Orgel. Doch eine geeignete katholische Gemeinde in Niedersachsen zu finden, ist nicht so leicht. Irgendwann hat ihn das alles genervt und er hat sich mehr seiner zweiten Leidenschaft zugewandt: Der Technik. Als wir zuhause noch auf den dämlichen Videorekorder einschlugen, hatte Opa schon einen Festplatten-Recorder. Digitales Fernsehen sowieso. Mit Mitte 60 hat er sich dann einen Computer besorgt und selbst beigebracht. Ein anständiger DSL-Anschluss war da nur die logische Konsequenz.
„Was macht der Journalismus?“, fragt Opa am Telefon. „Heute morgen habe ich mal wieder die Süddeutsche skeptisch beschnüffelt – ich habe den Verdacht, die wird immer dünner!“ schiebt er hinterher. Ich muss lachen. Ich verdächtige ihn schon länger, diese Zeitung nur abonniert zu haben weil ich gelegentlich dafür schreibe. Ich fange an von dem Online-Projekt zu erzählen, das wir gerade an der Journalistenschule machen. Jeder soll einen eigenen Blog aufsetzten. Über sich selbst, aber auch über Themen die uns interessieren. Es ist seltsam, wie ich mich auf einmal vor meinem eigenen Opa winde, zum Punkt zu kommen. Nach diversen Pirouetten spreche ich es dann aber doch aus: „Ich glaube, ich würde gerne über Dich schreiben. Mit Dir darüber reden, wie Du die Dinge siehtst – insbesondere das Internet“, sage ich. „Im Hintergrund höre ich Oma klatschen „Himmlisch!“, ruft sie. „Gottfriedl – mach das!“. Opa findet die Idee auch gut. „Das mach‘ ich gerne. Schickst Du mir dann nochmal eine Mail?“ sagt er. Manchmal frage ich mich, warum ich ihn überhaupt noch anrufe.
Es gibt nicht nur surfende, sondern auch bloggende Opas ( http://www.opas-blog.de ).